Wilde Karde

Beschreibung

  • Wissenschaftlicher Name: Dipsacus fullonum
  • Volksnamen: Wald-Karde, Weberdistel
  • Pflanzenfamilie: Geißblattgewächse (Caprifoliaceae)
  • Vorkommen: Die Wilde Karde ist von Nord-Afrika bis Mitteleuropa beheimatet. In Europa ist sie an Bächen und Flussläufen weit verbreitet. Sie wächst auf Ödflächen oder Weiden, an Ufern oder am Wegesrand und bevorzugt stickstoffhaltige, kalkreiche, humose Lehmböden in warmer und sonniger Lage.
  • Verwendete Pflanzenteile: Blätter, Wurzeln
  • Inhaltsstoffe: Glykosid, Scabiosid, Terpene, Kaffeesäureverbindungen, organische Säuren, Glucoside und Saponine.

Die Wilde Karde ist eine zweijährige krautige Halbrosettenpflanze, die Wuchshöhen von bis zu 2 Meter erreicht. Die Stängel sind stachelig. Die Grundblätter sind kurzgestielt und in einer Rosette angeordnet. Die kreuzgegenständigen Stängelblätter sind in der Basis paarweise zusammengewachsen und am Rand gekerbt. Die ganze Pflanze ist mit spitzen Stacheln übersät, ähnlich wie bei einer Distel. Gehalten werden sie von einer großen rübenartigen Wurzel.

Die Blütezeit reicht von Juli bis August. Darin erscheinen die winzigen hellvioletten Röhrenblüten, die ausgehend von der Mitte nach oben und nach unten weiter erblühen und charakteristische Ringe bilden. Die lila farbenen Blüten wachsen in einem eiförmigen Körbchen. Die Einzelblüten entfalten sich von der Mitte des Blütenstandes ausgehend nach oben und unten. Sie besitzen jeweils eine etwa 1 cm lange Röhre, die am äußeren Rand in vier verwachsenen Kronblättern endet. Aus der Blütenöffnung ragen Staubblätter und Narbe heraus. Die Blüten sind bei Insekten wie z.B. Hummeln und Schmetterlingen sehr beliebt.

Nach der Befruchtung bilden sich bräunliche, längs geriefte Achänen. Diese werden bei Reife aus dem Blütenstand herausgeschleudert, sobald die Pflanze gebogen wird und zurückschnellt. Die Samen werden gern von Vögeln (z.B. Distelfinken) gefressen.

Nutzen für Insekten und Vögel

Die Blüten werden reichlich von Insekten besucht. Der Nektar ist nur für langrüsselige Hummeln und Schmetterlinge erreichbar. Auch Selbstbestäubung ist erfolgreich.

Wildbienen, z.B.: Gelbbindige Furchenbiene (Halictus scabiosae), Sechsbindige Furchenbiene (Halictus sexcinctus), Ackerhummel (Bombus pascuorum), Gartenhummel (Bombus hortorum), Dunkle Erdhummel (Bombus terrestris), Feldhummel (Bombus ruderatus), Grashummel (Bombus ruderarius), Waldhummel (Bombus sylvarum), Wald-Kuckuckshummel (Bombus sylvestris), Distel-Mauerbiene (Osmia leaiana), Gehörnte Maskenbiene (Hylaeus cornutus), Gewöhnliche Furchenbiene (Halictus simplex), Gewöhnliche Schmalbiene (Lasioglossum calceatum), Breitbindige Schmalbiene (Lasioglossum zonulum).

Schmetterlinge, z.B.: Ampfer-Rindeneule (Acronicta rumicis), Distelfalter (Vanessa cardui), Karden-Sonneneule (Heliothis viriplaca), Achateule (Phlogophora meticulosa), Glänzende Erdeule (Rhyacia lucipeta), Kaisermantel (Argynnis paphia), Schwalbenschwanz (Papilio machaon), Skabiosenschwärmer (Hemaris tityus), Tagpfauenauge (Aglais io), Weißer Waldportier (Brintesia circe).

Käfer: Goldglänzender Rosenkäfer (Cetonia aurata)

Zweiflügler, z.B. Schwebfliegen: Hainschwebfliege (Episyrphus balteatus)

Die Wilden Karde ist ein typischer Tierstreuer; ihre Pflanzenteile, insbesondere die Fruchtstände, bleiben am Fell vorbeiziehender Tiere hängen und werden, unterstützt von den elastischen Deckblättern, durch den Rückschlag der ganzen Pflanze meterweit fortgeschleudert. Aber auch der Wind und bestimmte Vogelarten, wie z B. der Stieglitz, verbreiten die Samen der Wilden Karde, wenn die Pflanzen im September oder Oktober die Fruchtreife erreichen. Die in den Fruchtständen befindlichen Samen sind dann soweit gereift, dass sie unter günstigen Bedingungen keimen können.

Nutzen für den Menschen

Als Heilpflanze ist die Wilde Karde seit der Antike bekannt, und in jedem Kräuterbuch des Mittelalters findet man ein Kapitel darüber. In der Volksheilkunde dient sie Mittel gegen Verdauungsbeschwerden, Gicht, Rheuma und Hauterkrankungen. Dazu verwendet man die getrockneten Wurzeln, die reich an Saponinen, Bitterstoffen und Glykosiden sind und die man zu Tee und Tinkturen verarbeitet. Die Homöopathie nutzt die alkoholische Tinktur und daraus hergestellte Globuli gegen Warzen, Akne und kleine Hautwunden. Neueren Untersuchungen zufolge soll sie bei Borreliose helfen.

Wissenswertes zur Wilden Karde

Der Name der Karde stammt vom Kardieren, dem Auskämmen von Woll- oder Leinenfasern vor dem Verspinnen. Dazu verwendeten die Weber früher die getrockneten Blütenstände – daher auch der Name Weberdistel.

Der Name Dipsacus kommt aus dem griechischen dipsa für Durst: Nach Regen sammelt sich in den Trichtern der Stängelblätter das Wasser, das Vögel oder Wanderer trinken können. Man nennt sie Zisternenpflanze, weil die gegenständigen, unten verwachsenen Blätter ein Wassersammelbecken bilden. Deren Funktion wird als Aufkriechschutz gegen Ameisen interpretiert.

 

Illustration: aus Otto Wilhelm Thomé: Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz, Gera 1885, www.biolib.de, mit freundlicher Genehmigunge durch Kurt Stueber | Design: Barbara Koch